Sondereinheiten der Stadtfeuerwehr

Einsatzleitwagen 2

Kommunikation, Dokumentation, Informationsbeschaffung. Die komplexen Strukturen des Einsatzleitwagen 2 (ELW 2) lassen sich im Grunde auf diese drei prägnante Funktionen herunterbrechen. Ab der zweiten Alarmstufe (b2, abc2, hm2) wird der Einsatzleitwagen der Stadtfeuerwehr automatisch zur Einsatzstelle alarmiert und steht dem Einsatzleiter als Hilfsmittel bei der Leitung des Einsatzes zur Verfügung.

Nach Eingang des Alarmes wird das Fahrzeug von den Mitgliedern der Ortsfeuerwehr Kaltenweide zur Einsatzstelle gebracht. Das weitere Betriebspersonal setzt sich aus Mitgliedern aller sechs Ortsfeuerwehren zusammen, die im Falle einer Alarmierung eigenständig die Einsatzstelle anfahren. Alle Mitglieder des Betriebspersonals verfügen über einen Funklehrgang und langjährige Erfahrung im Funken und Auswerten von Informationen.

Nach dem Eintreffen an der Einsatzstelle wird zunächst die Einsatzbereitschaft des Fahrzeuges hergestellt. Dafür werden an den heckseitig montierten Masten Antennen und eine Wetterstation installiert. Ausgezogen auf eine Höhe von ca. sechs Metern ermöglicht der Mast die störungsfreie Einsatzstellenkommunikation (im 2 m Bereich) als auch Funkgespräche zu anderen Fahrzeugen der Feuerwehr und der Rettungsdienste sowie zur Regionsleitstelle nach Hannover (im 4 m Bereich).

Der Funkraum ist das Herzstück des Einsatzleitwagens – laufen hier doch sämtliche Fäden zusammen. Die umfangreiche Funkausstattung wird über zwei Funkarbeitsplätze im Funkraum bedient. Neben zwei 2 m und zwei 4 m Funkgeräte steht ein weiteres zur digitalen Kommunikation zur Verfügung (z.B. zur Polizei oder der Werk-/Flughafenfeuerwehr). An zwei leistungsstarken PC-Arbeitsplätzen werden mit Hilfe einer Software alle einsatzrelevanten Informationen erfasst (eingesetzte Fahrzeuge, Stärken, eingeleitete Maßnahmen, etc.). Ferner werden sämtliche ein- und ausgehenden Funksprüche dokumentiert. Am Ende des Einsatzes kann ein Bericht erstellt werden, der dem Anspruch einer lückenloser Dokumentation gerecht wird.

Im Stabsraum, der direkt an den Funkraum angrenzt, werden bei größeren Einsatzlagen zur Unterstützung des Einsatzleiters folgende Sachgebiete besetzt (gem. FwDV 100):

S1 Personal / Innerer Dienst
S2 Lage
S3 Einsatz
S4 Versorgung
S5 Presse- und Medienarbeit
S6 Informations- und Kommunikationswesen

Jedes Stabsmitglied arbeitet entsprechend seines Sachgebietes unterschiedliche Aufgaben ab. Für diese Arbeit steht jedem Stabsmitglied ein Notebook zur Verfügung. Alle Notebooks sind über das interne Netzwerk mit einander verbunden. Die im Funkraum eingehenden Funksprüche können unmittelbar nach der Erfassung auf das Notebook der zuständigen Stabsposition geschickt werden. Darüber hinaus kann ein Stabsmitglied eine Funknachricht auslösen, in dem es über die Software den Empfänger und die Nachricht an die beiden Funker übermittelt. Die Funker setzen die Nachricht dann entsprechend den Vorgaben um. Ferner befindet sich im Stabsraum der Platz des Lageführers. Über ein digitales Smartboard können die Einsatzstelle und die eingesetzten Kräfte auf einer Karte visuell dargestellt werden.

Eine weitere wichtige Aufgabe des ELW 2 der Stadtfeuerwehr lässt sich in der Beschaffung und Verarbeitung von Informationen ergründen. Über Gefahrgut-Datenbanken können Stoffdaten ermittelt und dem Einsatzleiter für das weitere Vorgehen zur Verfügung gestellt werden. Die umfangreichen Datenbanken ermöglichen es, einen ausgetretenen Stoff zu charakterisieren. Dabei werden u.a. Schutzmaßnahmen und das Vorgehen bei Kontakt mit dem Stoff ausgewiesen. Mit Hilfe dieser Informationen ist es dem Einsatzleiter möglich, den Einsatz sicher und geordnet abzuarbeiten. Über eine UMTS-Datenverbindung können weiterhin vielfältige Informationen über das Internet bezogen werden.

Bei Unwetterlagen fungiert der ELW 2 als „Leitstelle“ für den Bereich der Stadtfeuerwehr. Die regulär über die 112 bei der Regionsleitstelle eingehenden Notrufe werden dort erfasst und per Fax an den ELW 2 gesendet. Der Stab bzw. Einsatzleiter koordiniert die Langenhagener Einsatzkräfte in diesem Fall unabhängig von der Regionsleitstelle.








Gefahrgutzug

Im Laufe der Stadtentwicklung wurden auf dem 72 Quadratkilometer großen Stadtgebiet viele Betriebe gegründet oder siedelten sich hier an. Heute sind über 4.000 Betriebe in der Stadt Langenhagen ansässig. Vom kleinen Ein-Mann Betrieb bis hin zum weltweit agierenden Konzern – die Vielfalt der etwa 30.000 Arbeitsplätze erscheint unendlich. Doch: die vielen Gewerbebetriebe stellen mit ihren produzierten, verarbeiteten bzw. umgeschlagenen Gütern ein immenses Gefahrenpotential dar. Die durch die Stadt verlaufenden Verkehrswege (Landstraßen, Bundesautobahnen 2 und 352, Schiene) ergänzen ferner das erhöhte Gefahrenpotential.

Bereits vor vielen Jahren wurde zur adäquaten Abwehr von atomaren, biologischen und chemischen Gefahren (ABC-Gefahren) der Gefahrgutzug der Stadtfeuerwehr Langenhagen aufgebaut. Der Gefahrgutzug wird dem Grunde nach bei einem Austritt von Gefahrstoffen (gasförmiger, flüssiger oder fester Art) zum Einsatz gebracht. Im Einsatzfall wird der Zug aus Mitgliedern aller sechs Ortsfeuerwehren zusammengesetzt. Für die Gefahrenabwehr stehen den hochspezialisierten Mitglieder des aus drei Teileinheiten bestehenden Gefahrgutzuges umfangreiche und modere Einsatzfahrzeuge und Gerätschaften zur Verfügung.

Teileinheit Gefahrenabwehr
Die Teileinheit Gefahrenabwehr ist für die Ausbreitungsverhinderung und Schadenbekämpfung zuständig. Mittel der Wahl der Teileinheit ist der Gerätewagen-Gefahrgut. Auf dem mit drei Einsatzkräften besetzten Fahrzeug werden u.a. Utensilien zum Abdichten von Austrittslöchern unterschiedlicher Größen mitgeführt. Dabei ist es unerheblich, ob die Austrittsöffnung rund geschnitten oder längs geformt ist. Mit Keilen und Dichtmittel lassen sich Öffnungen verschließen, bzw. ihr Durchfluss vermindern. Darüber hinaus sind auf dem Fahrzeug besonders beständige Umfüllpumpen und Schläuche verladen. Mit den Pumpen können Kraftstoffe aus einem beschädigten Fahrzeugtank ebenso abgepumpt werden, wie auch austretende Chemikalien. Die Flüssigkeiten können zum Beispiel in sechs Edelstahlbehälter umgepumpt werden, die zusammen ein Fassungsvermögen von 20.000 l besitzen. Damit Arbeiten auch im explosionsgefährdeten Bereichen durchgeführt werden können, sind einige Materialien (Funkgeräte, Schläuche mit besonderen Kupplungen, Schaufeln, Hämmer, etc.) aus nicht funkenreißendem Material. Flüssigkeiten können darüber hinaus mit Chemikalienbindern aufgefangen werden.

Teileinheit Messen
Der Messzug der Stadtfeuerwehr wird durch Mitglieder der Ortsfeuerwehr Godshorn besetzt. Der Einsatzleitwagen 1 und der Gerätewagen-Messtechnik bilden zusammen eine operative Einheit - den Messzug. Im Einsatz ist die Teileinheit Messen für das Feststellen und den Nachweis von Gefahrstoffen zuständig. Für diese Aufgaben stehen diverse Messgeräte zur Verfügung, die atomare Strahlung und chemische Stoffe nachweisen können. Während Trupps in situationsabhängiger Schutzkleidung (Kontaminationsschutzanzug bei A-Lagen, Chemikalienschutzanzug bei B- und C-Lagen) mit den Geräten Daten erheben, werden diese gewonnenen Erkenntnisse im Einsatzleitwagen analysiert und die Messergebnisse dokumentiert. Die Messergebnisse werden anschließend dem Gesamteinsatzleiter zur Verfügung gestellt. An dieser Stelle kann die Stadtfeuerwehr auf einen Chemilaboranten zurückgreifen, der als Fachberater die Einsatzleitung ergänzt.

Teileinheit Dekontamination
Nach einem Einsatz müssen die verschmutzten Schutzanzüge dekontaminiert, also gereinigt werden. Die Ortsfeuerwehr Kaltenweide besetzt im ABC-Einsatz die Teileinheit Dekontamination. Auf dem Gerätewagen-Logistik II werden alle nötigen Materialien mitgeführt. An der Absperrgrenze wird eine Reinigungszone ausgewiesen. Eine spezielle Duschkabine stellt dabei das Herzstück der Dekontamination dar. In der Dusche werden alle Anzüge abgewaschen, die im Einsatz waren. Das Waschwasser kann in Durchlauferhitzern erwärmt werden.

Bei einem Einsatz mit ABC-Gefahren können je nach Umfang der Gefährdung drei auf einander aufbauende Eskalationsstufen ausgelöst werden:

Stufe 1 (abc)
Die Lage erscheint für den Leitstellendisponenten von kleinerem Umfang. In dieser Stufe wird lediglich der Messzug der Stadtfeuerwehr alarmiert. Die Mitglieder des Messzuges führen eine Erkundung durch und beseitigen kleinere Gefahren eigenständig (z.B. durch Abstreuen von kleineren Flüssigkeitensmengen).

Stufe 2 (abc1)
Neben dem Messzug der Stadtfeuerwehr wird die zuständige Ortsfeuerwehr alarmiert. Die Gefahrenabwehr ist in dieser Stufe noch ohne größere technische Hilfsmittel möglich. Die zuständige Ortsfeuerwehr unterstützt den Messzug und stellt beispielsweise den Brandschutz sicher, belüftet Räume/Gebäude oder stellt Atemschutzgeräteträger zur Verfügung.

Stufe 3 (abc2)
Der Austritt von gefährdenden Stoffen in größerem Maße, bzw. der Austritt von akut gesundheitsgefährdenden Stoffen erfordert den Einsatz aller Teileinheiten des Gefahrgutzuges der Stadtfeuerwehr. Ein Beispiel ist die Öffnung eines Chemikaliengebindes auf der Ladefläche eines Sattelzuges. In Abhängigkeit der Austrittsöffnung können innerhalb kurzer Zeit große Mengen an gefährlichen Substanzen aus den bis zu 1.000 l fassenden Transportbehältern austreten und weite Teile kontaminieren. Darüber hinaus ist es auch möglich, dass in chemikalienverarbeitenden Betrieben eine Störung der Anlage eintritt und hierdurch Chemikalien austreten. Unfälle auf den Verkehrswegen stellen eine weitere mögliche Quelle von ABC-Einsatzlagen dar.

Die Einsatzkräfte des Gefahrgutzuges verfügen allesamt über die G26-Tauglichkeit und besuchen jährlich Seminare, bei denen der Umgang mit dem Chemikalienschutzanzug theoretisch und praktisch geübt wird. Auf den monatlich stattfindenden Ausbildungsdiensten in Langenhagen wird weiterhin der Umgang mit den Materialien des Gerätewagen-Gefahrgut verfestigt und theoretische Grundlagen des Gefahrguteinsatz gelehrt. Ferner werden im Jahr zehn Mitglieder des Gefahrgutzuges an der Akademie für Brand- und Katastrophenschutz Niedersachsen (NABK) fortgebildet. An der NABK werden die Charakteristika und Verfahrensweisen bei A-, B- und C-Einsätzen in zwei jeweils eine Woche dauernden Lehrgängen (ABC 1 und 2) vermittelt. Speziell für Führungskräfte des Gefahrgutzuges stehen zwei weitere Lehrgänge zur Verfügung. Regelmäßige Übungen aller Teileinheiten unter Realbedingungen runden die vielschichtige Ausbildung ab.

In allen Fällen wird durch die gut geschulten Mitglieder des Gefahrgutzuges auf eine schnellstmögliche Beseitigung der Gefahr hingewirkt. Die Gefahr kann schon dadurch beseitigt werden, in dem der Austritt von Gefahrstoffen unterbunden wird. Die Ausstattung des Gefahrgutzuges ist so gestaltet, dass damit Gefahren erkannt und beseitigt werden können. Die Entsorgung der Gefahrstoffe wird durch Unternehmen der Privatwirtschaft ausgeführt. Hierfür ist die Stadtfeuerwehr (gesetzlich) nicht mehr verantwortlich. Den ersteintreffenden Kräften obliegt ferner die umgehende Rettung von Menschen aus der Gefahrensituation.

Dennoch sind die umfangreiche Materialen und die Ressource Einsatzkraft bei einem Gefahrguteinsatz größeren Ausmaßes endlich. Die Einsatzzeit in einem Chemikalienschutzanzug beträgt ca. 20 Minuten. Bei einem mehrstündigen Einsatz kann es erforderlich sein, Gefahrgutzüge der benachbarten Städte und Gemeinden hinzuzuziehen.